Haftungsverteilung bei scharfem Bremsen zum Zweck der Disziplinierung
04.05.2018
Das Landgericht Essen (Az. 17 O 235/16) hatte sich mit der Frage zu befassen, welche Haftungsverteilung anzunehmen ist, wenn ein Pkw-Fahrer sein Fahrzeug grundlos abbremst, um den dahinter fahrenden Fahrzeugführer zu disziplinieren.
Das Landgericht Essen (Az. 17 O 235/16) hatte sich mit der Frage zu befassen, welche Haftungsverteilung anzunehmen ist, wenn ein Pkw-Fahrer sein Fahrzeug grundlos abbremst, um den dahinter fahrenden Fahrzeugführer zu disziplinieren.
Bei dem gegenständlichen Unfallgeschehen kam es zwischen den beteiligten Fahrzeugführern zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung. Jeder Fahrzeugführer war offensichtlich mit dem Fahrverhalten des anderen nicht einverstanden. Nachdem die verbale Auseinandersetzung beendet wurde, setzten die Beteiligten ihre Fahrt fort. Der vorausfahrende Kläger bremste sodann das von ihm geführte Fahrzeug zur Disziplinierung des Nachfolgenden scharf ab. Da der Nachfahrende sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum stehen bringen konnte, fuhr er auf das Fahrzeug des Klägers auf.Dieser verlangte die Erstattung der ihm infolge des gegenständlichen Unfallgeschehens entstandenen Schäden.
Trotz des Umstandes, dass aufgrund des Auffahrens ein Anscheinsbeweis zu Lasten des Auffahrenden dafür besteht, dass er entweder nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten oder seine Fahrgeschwindigkeit nicht der Verkehrssituation angepasst hat oder aufmerksam war, ist das Gericht von einer Alleinhaftung des Abbremsenden ausgegangen.
Da der Kläger ohne zwingenden Grund stark abgebremst hat, hat er seinerseits gegen die Regelung des § 4 StVO verstoßen. Zudem berücksichtigte das Gericht, dass bei einem scharfen Abbremsen zum Zwecke der Disziplinierung/Verkehrserziehung des Nachfolgenden dies ein Akt der Selbstjustiz im Straßenverkehr ist, der den in § 1 StVO verankerten Geboten der Vorsicht und Rücksichtnahme in schwerwiegender Weise widerspricht. Folglich wurde die Klage des Abbremsenden vollumfänglich abgewiesen. Die Entscheidung des Landgerichts Essen zeigt, dass ein jeder Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr einen kühlen Kopf bewahren sollte. Es wird aus der Entscheidung jedoch ebenso deutlich, dass jede Unfallangelegenheit eine Entscheidung des Einzelfalls ist. Es empfiehlt sich daher bei einem Unfallgeschehen frühzeitig die Zuhilfenahme anwaltlicher Unterstützung, um mögliche Schadensersatzansprüche durchsetzen zu können.
RA Peters