Die Reichweite des Sichtfahrgebotes bei einem Fußgängerunfall
03.11.2015
Mit den in den Herbstmonaten typischerweise schlechter werdenden Sichtverhältnissen erhöht sich auch das Unfallrisiko im Straßenverkehr.
Mit den in den Herbstmonaten typischerweise schlechter werdenden Sichtverhältnissen erhöht sich auch das Unfallrisiko im Straßenverkehr.
Das Oberlandesgericht München (Az. 10 U 3981/14) hatte sich nunmehr mit einem Verkehrsunfallereignis zu befassen, bei dem ein Pkw-Fahrer mit einem bei Dunkelheit auf der rechten Fahrbahnseite gehenden volltrunkenen Fußgänger kollidierte.
Das in der ersten Instanz mit der Angelegenheit befasste Gericht hatte ein Schadensersatzanspruch des Fußgängers noch mit der Begründung abgelehnt, dass dieser seinen Schaden selbst verursacht und verschuldet habe, weil er sich als Fußgänger unaufmerksam, schlecht erkennbar, erheblich alkoholisiert und ohne nachvollziehbaren Grund auf der Fahrbahn der Straße aufgehalten und den dortigen Vorrang des Kraftfahrzeugverkehrs missachtet habe.
Das Oberlandesgericht München hat nunmehr jedoch klargestellt, dass das Sichtfahrgebot auch gegenüber einem bei Dunkelheit auf der rechten Fahrbahnseite gehenden volltrunkenen Fußgänger gilt. Nach Auffassung des Gerichtes erfasst das Sichtfahrgebot nicht nur Kollisionen mit entgegenkommenden Verkehrsteilnehmern, sondern soll auch davor schützen, auf Hindernisse aufzufahren. Mit Fahrbahnhindernissen innerorts, wie schlecht oder gar nicht beleuchteten Fahrzeugen oder Radfahrern muss nach Meinung des Oberlandesgerichts ein Kraftfahrer auch ohne Schreckzeit stets rechnen. Durch den Vertrauensgrundsatz wird das Sichtfahrgebot nur für solche Hindernisse begrenzt, mit denen der Kraftfahrer unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts etwa bei unvermittelt von der Seite zwischen parkenden Fahrzeugen hervortretenden Fußgängern oder bei der auf der Fahrbahn befindlichen Gegenständen, deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist.
Da die erstinstanzlichen Feststellungen des Gerichts zum Unfallhergang nach der Auffassung des Oberlandesgerichts München unvollständig waren, hat es die Angelegenheit zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.
Die vorgenannte Entscheidung zeigt, jedoch dass bei der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche nach einem Unfallereignis vielerlei Faktoren eine entscheidende Bedeutung erhalten können. Da dies jedoch oftmals abhängig vom Einzelfall ist, empfiehlt sich regelmäßig die Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes.
Rechtsanwalt Peters